Damals war ich ein paar Monate in Zürich und verstand schon ziemlich viel. Also sagte ich bei einem Meeting mutig, die anderen könnten ruhig Mundart reden. Ich erinnere mich noch, wie seltsam es mir damals vorkam, dass die anderen über ernste geschäftliche Dinge im Dialekt sprachen. (Ein deutscher Wissenschaftler hat sich in Zürich in die Nesseln gesetzt, als er diese Meinung gegenüber einer Kollegin äusserte – in Deutschland sprechen Menschen mit höherer Bildung nur im privaten Umfeld Dialekt.)
Jedenfalls konnte ich folgen, bis es um eine Firma ging, die „Gohp“ hiess, oder so ähnlich. Das sagte mir nichts, und nachdem der Name mehrfach vorkam, fragte ich schliesslich schüchtern, welches Unternehmen das denn sei. „Also“, sagte der Redner höflich, „in der Schweiz gibt es zwei grosse Detailhändler: Migros und Coop.“ Wie peinlich! Natürlich kannte ich Coop und hatte dort auch öfters eingekauft, nur wird das Wort in Deutschland mit aspiriertem K und zwei deutlich voneinander getrennten Os ausgesprochen, etwa „Kho-op“. Das nicht aspirierte k klingt für mich ziemlich weich, fast wie ein g.
Zumindest blamierte ich mich nicht noch, indem ich das s aus Migros aussprach. Das blieb einem italienischen Pastahersteller vorbehalten.
Die Rolle der zwei Schweizer Handelsriesen, übrigens beide genossenschaftlich organisiert, ist trotz der Konkurrenz von Aldi nicht zu unterschätzen. Einer der bekanntesten Texte des Peotry-Slammers Gabriel Vetter zieht in Schaffhauser Mundart einen „mentalen Apartheid-Äquator“ zwischen Migros- und Coop-Kindern, der weit tiefer gehe als der berühmte Röstigraben.
Für alle, die Gabriel Vetter nicht verstehen, hier weitere Hinweise zum Thema – bin kein Fan dieser Zeitung, habe aber nichts Besseres gefunden:
Blick am Abend: Aus diesen 10 Gründen ist man ein Migros-Kind
Blick am Abend: Aus diesen 10 Gründen ist man ein Coop-Kind
Foto: Paul-Georg Meister, pixelio.de
byby