Was ist ein Schlaumeier? Jedenfalls einer, der sich für schlauer hält als andere. So weit, so klar. Und womit befasst er sich? Mit Schlaumeiereien.
In Deutschland sind beide Wörter eher veraltet – in einem Online-Wörterbuch stammt das jüngste Beispiel für Schlaumeierei von 2004, das älteste von 1965. Der deutsche Schlaumeier ist fast immer harmlos und geht den anderen höchstens mit seiner Besserwisserei auf die Nerven. In der Süddeutschen Zeitung heisst sogar eine Kolumne „Schlaumeierei“, die beispielsweise aufklärt, warum Fledermäuse mit dem Kopf nach unten schlafen.
In der Schweiz hingegen ist die Schlaumeierei brandaktuell, und der Schlaumeier macht sich höchst unbeliebt. Für ihn gelten die Regeln der anderen nicht, denn er weiss sie zum eigenen Vorteil zu interpretieren. So bucht er zum Beispiel eine Nacht im Hotel, nur um in den Genuss eines Restaurantessens zu kommen – denn Hotelgäste dürfen in der Schweiz auch im derzeitigen Corona-Lockdown (noch) bewirtet werden. Oder Importeure umgehen CO2-Sanktionen, indem sie Autos als Nutzfahrzeuge importieren und anschliessend wieder in Personenwagen verwandeln. Auch die Strategie der Schweiz mit der EU wird immer wieder als Schlaumeierei bezeichnet – und das ist keineswegs positiv gemeint.
Bei meinem früheren Arbeitgeber sprach ein Vorstandsmitglied nach seinem Antritt davon, dass Schlaumeiereien nicht zur Strategie der Firma gehören. Eine Mitarbeiterin hörte nur diesen Ausdruck und empfand ihn als „ganz schlimmes Wort“. Zum harmlosen Klugscheisser führt da wohl kein Weg zurück.
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