Grüzi

niederdorfoper„Grüzi, grüzi“, singt die Deutsche in der „Kleinen Niederdorfoper“, einem Bühnenklassiker, der in Zürich mit so grossem Erfolg wieder aufgenommen wurde, dass es hoffnungslos war, Tickets zu bekommen. Wenn mich meine Arbeitskolleginnen aufziehen wollten, sagten sie das auch zu mir. Mit dem Zürcher Gruss „Grüezi“ haben viele Ausländer Mühe – die Lautkombination „üe“ gibt es in den wenigsten Sprachen. Hat man gelernt, Grüezi zu sagen, sollte man es nicht unbedingt in der ganzen Deutschschweiz anwenden – im Kanton Bern begrüsst man sich mit „Grüessech“. Wenn auch kaum mehr verständlich, kommt Grüezi von „Gott grüez-i“, „Gott grüsse Euch“ – und passt damit gut zum bayerischen „Grüss Gott“, mit dem ich aufgewachsen bin. (Nur Norddeutsche machen noch gerne den dummen Witz: „Wenn ich ihn treff“.)

Während „Grüss Gott“ so ziemlich den ganzen Tag Gültigkeit hat, begrüsst man sich in Zürich morgens mit „Guete Morge“ – laut Wikipedia bis etwa 8 Uhr, nach meinen Erfahrungen etwas länger (früher stiess ich auf meinem Arbeitsweg im Wald, den ich „erst“ gegen halb neun durchquerte, häufig auf grussfreudige Wanderer). Am Abend folgt dann, logisch, „gueten Aabig“. Gelten Morgen- und Abendgruss auch für Menschen, mit denen man sich duzt, wird man diese dazwischen mit einem lockeren „hoi“, „ciao“ oder „Sali“ begrüssen – ähnlich wie man in Bayern „Grüss Gott“ mit dem Sie kombiniert. Obligatorisch grüsst man in der Schweiz jeden auch nur entfernt Bekannten mit Namen – davon ein andermal mehr.

Kürzlich erzählten mir Kolleginnen, sie wüssten in Deutschland gar nicht so recht, wie man sich dort begrüsst. Ausserhalb Bayerns kann ich das gut verstehen. Zwar darf man „Guten Tag“ auch morgens oder abends sagen, es verliert aber, wie „Guten Morgen“, und „Guten Abend“, allmählich an Bedeutung. Vielfach wird man sofort mit „Hallo“ begrüsst, was in Schweizer Ohren äusserst informell klingt bzw. tönt, um nicht zu sagen grob. An „tschüs“ hat man sich hingegen eher gewöhnt – innerhalb der Schweiz verabschiedet man sich damit aber nur von jemandem, den man auch duzt. Während heutzutage Deutsche, mit denen ich zum ersten Mal telefoniert habe, das Gespräch mit einem lockeren „Tschüs“ beenden, verabschieden sich in synchronisierten Filmen oder Serien selbst gute Freunde oder Kinder mit „Auf Wiedersehen“, was mich immer furchtbar stört. Klar, das lippenspitzende „Tschüs“ passt nicht, wenn jemand im Original „bye-bye“ oder „see you“ gesagt hat, aber gibt es denn nichts Besseres? Kürzlich habe ich dazu eine Glosse entdeckt – darin wird behauptet, „Auf Wiedersehen“ sei die Kompromisslösung, damit es nicht zu innerdeutschen „Stammeskriegen“ kommt. Das scheint mir übertrieben, inzwischen ist „Tschüs“ auch in Bayern weit verbreitet – und, wie gesagt, sogar in der Schweiz hört man es.

Stammeszwistigkeiten gibt es natürlich auch in der Schweiz. So nennt man im deutschsprachigen Oberwallis, wo sogar viele Schweizer Mühe haben, den Dialekt der Leute zu verstehen, auswärtige Deutschschweizer leicht abschätzig „Grüezini“.

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